Gericht verurteilte Kunstbetrügerin

Nun muß Natavan Aleskerova doch länger in New York bleiben, als ihr lieb ist. Die Angeklagte im Beutekunst-Prozeß der „Bremer Blätter” (s. WK vom 17.5.) wurde am Donnerstagnachmittag um 15.30 Uhr Ortszeit von einer zwölfköpfigen Jury nach anderthalbtägiger Beratung in allen drei Anklagepunkten für schuldig befunden: Planung einer Straftat, Handel mit gestohlenen Kunstgütern aus der Bremer Kunsthalle (darunter Stiche von Dürer, Ruisdael, u.a.) sowie aus dem Nationalmuseum in Baku). Sie wird nun mit Gefängnis zwischen drei und fünf Jahren bestraft.

Die vierundvierzigjährige Aserbaidschanerin hatte vor dem dreieinhalb Wochen dauernden Prozeß im United States District Court immer ihre Unschuld beteuert. In dem Verfahren selber hat sie von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die Aussage zu verweigern. Erst nachdem heute die Jury einstimmig das Urteil gefällt hatte, meldete sie sich zu Wort und bat um Verständnis, als die zuständige Richterin darüber entscheiden sollte, ob Natavan Aleskerova weiterhin gegen Kaution auf freiem Fuß bleiben darf. Wegen der großen Fluchtgefahr wurde dem Antrag der Verteidigung aber nicht zugestimmt.

Es war das erste Mal, daß diese gepflegte, streng wirkende Frau die Fassung verlor. In den drei Wochen der Verhandlung hatte sie ohne besondere Anteilnahme den Aussagen der Belastungszeugen zugehört und war anscheinend überzeugt, freigesprochen zu werden, da nur Indizien gegen sie sprachen. Allerdings waren die Fakten gegen sie so erdrückend, daß es verwunderte, wieso Frau Aleskerova, die jahrelang in Aserbaidschan als Staatsanwältin gearbeitet hatte, sich so sicher wähnte.

Die Vereinigten Staaten haben hier einen recht kostspieligen Prozeß geführt. Zeugen wurden für mehrere Tage aus Aserbaidschan, Japan und Deutschland eingeflogen, Hotel und Verpflegung wurden vom Steuerzahler übernommen. Es sollte ein eindeutiges Signal an die internationale Kunst-Szene gegeben werden, daß hier das erste Mal den Hintermännern des illegalen Handels mit Kunstgütern das Handwerk gelegt wurde. Normalerweise werden in solchen Fällen nur die Strohmänner verurteilt, die sich für ein „Trinkgeld” die Finger verbrennen.

Bis das Urteil rechtskräftig ist, müssen die Blätter aus Bremen allerdings als Beweisstücke in New York bleiben. Sollte Natavan Aleskerova Widerspruch gegen das Urteil einlegen, könnte sich dies noch um Jahre hinziehen.

Damit der U.S. Zoll die Blätter der Bremer Kunsthalle zurückgeben kann, muß anschließend auch noch die Eigentümerfrage geklärt werden. Die aserbaidschanische Regierung hat nämlich in einer „Note Verbale” an das State Department die beschlagnahmten Blätter aus Bremen für sich beansprucht. Das Deutsche Auswärtige Amt hat klargestellt, daß die Blätter eindeutig der Bremer Kunsthalle gehören, da sie unter Bruch internationalen Rechts in den Wirren am Ende des zweiten Weltkrieges über die UdSSR nach Aserbaidschan verschleppt wurden.

Sollte es nicht gelingen, Baku auf diplomatischem Wege von dieser Rechtslage zu überzeugen, muß die Kunsthalle noch einen Zivilprozeß auf Rückgabe anstrengen. Experten glauben, daß Bremen hierbei große Chancen haben wird.

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