Daß in New York vieles geschieht, was sonst undenkbar ist, ist keine Neuigkeit. Aber daß ein ausgewachsenes Pferd in der 1931 errichteten Nobelherberge New Yorks durch den großen Ballsaal spaziert, ist auch für den „Big Apple” ungewöhnlich.
Dazu bedarf es allerdings einiger überzeugter Österreicher, die ihren Wiener Opernball auch in der neuen Welt feiern und in diesem Jahr zum 44. Mal in dem Edelhotel (1410 Zimmer) zelebriert haben. Wie in Amerika üblich, wird er als gemeinnützige Veranstaltung organisiert, um mit den Erlösen der $ 300 teuren Tickets das Krebsforschungszentrum der New York Presbyterian Krankenhauses der Stadt zu unterstützen. Und um die 1000 Ballgäste in die richtige Walzerstimmung zu bringen, hat die Organisatorin Erika Borozan keinen Aufwand gescheut. So stiegen die beiden Opernsänger Charlotte Leitner und Michael Kurz, die normalerweise an der Volksoper und Staatsoper in Wien singen, aus einer weißen Kutsche, die von dem echten Schimmel “Angie” in den Ballsaal gezogen wurde.
Unter jedem Schritt des Pferdes dröhnte der Fußboden. Um das Marmormosaik im Eingangsbereich vor dem Ballsaal nicht zu beschädigen, sind die Hufe des Pferdes mit Lederkappen überzogen worden, es sieht beinahe aus, als wenn es seine „Ballschuhe” angezogen hätte.
So eingestimmt nahm der Ball dann auch am letzten Freitag seinen Lauf und die über 2000 Gäste der „Haute Volée” New Yorks haben ausgelassen bis in die frühen Morgenstunden getanzt und gefeiert. Ab zwei Uhr allerdings dann ohne Pferd und nicht mit einem großen Orchester, sondern in der „Tanzbar” des Hotels mit einer Swing-Band.
Daß das Pferd allerdings extra aus Wien eingeflogen worden sein soll, muß wohl doch eher ein Gerücht sein. Am nächsten Tag wurde es wieder im Central Park gesehen, wo es Touristen in der weißen Kutsche durch den die grüne Lunge Manhattans gezogen hat.
Text: Horst Seele-Liebetanz
Foto: © Petra Liebetanz