Ein Bremerhavener an der Wall-Street

Er ist groß, schlank, sein lässig geöffnetes Jackett und seine Seidenkrawatte lassen ihn aussehen wie jeden x-beliebigen Broker. Doch dieser ist etwas Besonderes auf dem Parkett des New Yorker Stock Exchange, wo normalerweise nur Amerikaner zu finden sind. Frank Förge kommt aus Bremerhaven.

Der 27-jährige hat es geschafft, sich seinen Platz in der Wall Street zu erobern. Sein Weg war ungewöhnlich. Schon von Speckenbüttel über die Höhere Handelsschule nach Frankfurt war es weit, wo er zunächst als Kellner das Dienstleistungsgewerbe von der Pieke auf erlernte. Doch auch dort hätte er sich nicht träumen lassen, was sich aus einem Kurztrip 1994 nach York entwickeln würde. Er lernte Walter Schubert kennen, einen Börsenmakler, der dem pfiffigen Bremerhavener anbot, ein Praktikum an der New Yorker Börse zu machen. “Solch eine Gelegenheit kann man sich natürlich nicht entgehen lassen!”

Da er wußte, daß das amerikanische Arbeitsleben relativ hart ist – so gibt es anfangs zum Beispiel anfangs nur 7 Tage Urlaub – bereitete er sich mit sechs Wochen Urlaub in Kalifornien auf das “American Way of Life” vor.

Im September 1995 kam Frank Förge nach New York. Am ersten Tag verstand er nur “Bahnhof”, weil das Englisch, das an der New Yorker Börse gesprochen wird, nichts mit dem zu tun hat, was man in der Schule lernt. Aber nach einer Weile hatte er sich eingefuchst. “Teilweise habe ich mehr Zeit im Büro und auf dem ‘Parkett’ verbracht, als irgendwo anders.” Lebhaft schildert er, wie er auf diese Weise regelrecht alles aufgesogen hat, was man über die Börse lernen kann. “Von morgens um halb sieben bis mindestens 20.00 Uhr. Immer nur Englisch sprechen, bis man sogar Englisch träumt!”

Zur Zeit ist er zur Fortbildung in Frankfurt. Aber er freut sich schon wieder auf den “Big Apple”: “Wenn man erst einmal in dieser Stadt gelebt hat, möchte man nicht mehr weg. Eine Fahrt mit der U-Bahn hier ist wie eine Weltreise, da hier Menschen unterschiedlichster Herkunft relativ friedlich zusammenleben.”

Daß manche deutsche Besucher an der Wall Street staunen, wenn Sie hören, daß sie einem gelernten Kellner gegenüberstehen, amüsiert den aufgeschlossenen Bremerhavener eher. Ob als Zivildienstleistender, als Kellner oder als “Brokers Assistant”, dem Bindeglied zwischen Kunden und Händler: “Es kommt vor allem darauf an, gut mit Menschen umgehen zu können, und das hat mir schon immer Spaß gemacht!” …und wenn man etwas kann, fragt in Amerika keiner, warum das so ist.

Einmal pro Jahr reist er noch nach Bremerhaven, um die Familie zu besuchen. Ob er die Stadt, in der er einen großen Teil seines Lebens verbracht hat, manchmal vermißt? Nur gelegentlich, wenn er an die gute Luft dort und auch den Deich denkt: “Das ist doch etwas ganz Besonderes!”

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